Wer hätte gedacht, dass die meisten Fischer an der ionischen Küste vor nicht allzulanger Zeit von der Amalfi-Küste zugewandert sind? Jahrhundertelang war der Küstenstreifen wegen Malaria nicht bewohnbar, dabei war das Meer brechend voll von Fischen! Die Fischer von der Amalfiküste brachten nicht nur den Fischfang mit, sondern auch den Bootsbau.
Die Lehrerin und Journalistin Assunta Scorpiniti hat den Fischern von Cariati ein Gesicht gegeben: In mühevoller Recherche hat sie die rund 20 Fischerfamilien besucht und einer jeden in einer Ausstellung ein eigenes Plakat gewidmet. Die Ausstellung, die im Verwaltungsgebäude des neuen Hafens von Cariati zu sehen ist, zeigt auch, wie ursprünglich das Haus einer Fischerfamilie unmittelbar auf den Liegeplatz des Fischerbootes bezogen war. Zwischen Haus und Boot spielte sich alles ab: Die Anlandung, die Vorbereitung und Reparatur der Netze. Durch die Anlage des "Lungomare" wurde diese Lebenseinheit durchtrennt; heute ist der Hafen der Ort der Anlandung.
Assunta Scorpiniti beschreibt auch die Arbeitsweise und soziale Struktur auf den Booten: Der Bootschef war zugleich Haupt der Fischer-Großfamilie. Viele Kinder - insbesondere männliche - waren von Vorteil. Frauen und Kinder hatten ihre festen Rollen, wenn die Fischer vom Fang zurückkamen. Interessant, dass es aber auch Frauen gab, die bei Verlust des Ernährers selbst zu Fischerinnen geworden sind.
Schon 1914 gab es die erste Fischerkooperative in Cariati. Ein Wendepunkt war die Einführung von Motorschiffen. Nun konnte auch weiter entfernt gefischt werden, mit immer größeren Booten. Zum Teil ging es bis Taranto, und der Fang konnte auf dem großen Fischmarkt in Taranto gleich zu einem guten Preis verkauft werden. Im Gegensatz zu Fischern anderer Gegenden gab es bei den Fischern aus Cariati kaum magische Praktiken; mit San Cataldo als Patron der Fischer, der zugleich Stadtpatron war, sind sie wohl immer gut gefahren.
Mit der großen Emigrationswelle in den 50er Jahren gingen auch viele Söhne der Fischerfamilien nach Deutschland und anderen Ländern, um leichter Geld zu verdienen. So endete in etwa der Hälfte der Fischerfamilien die Fischereipraxis, doch die andere Hälfte blieb dem Beruf treu und hat Aussichten, auch in der nächsten Generation für Cariati und Umgebung frische Fische auf den Markt zu bringen.
Mit ihrer Ausstellung hat sich Assunta Scorpiniti bei den Fischern von Cariati großen Respekt erworben. Es wäre gut, wenn die Ausstellung zu einem Fischereimuseum erweitert werden könnte.
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