Die
Geschichte des Klosters S. Maria delle Grazie
Die
Kapuziner in Rossano
Im Jahr 1534
gründeten Brüder der Kapuziner-Reform im Ortsteil S.
Maria delle Grazie einen Konvent, der bis 26.1.1657 bestand.
Dieser erste Konvent der Kapuziner in Rossano wurde 1658 „aus
existentiellen Gründen“ in die Stadt verlegt, die Kirche
diente weiterhin als Pfarrkirche für die umliegenden Gläubigen.
Das alte Kloster wurde in der Folge der Erzdiözese übertragen
und verschiedenen Nutzungen unterzogen.
Die Kapuziner blieben in ihrer Niederlassung in der Stadt „S.
Maria di Costantinopoli“ bis 1864, als alle Klöster
vom Staat aufgelöst wurden. Nun kümmerten sich die Kapuziner
um die Pfarrei S. Domenico in Rossano, bis 1994. Zwei Kapuziner
blieben auch noch danach als Krankenhaus- und Gefängnisseelsorger.
1999 beantragte der Orden die Rückgabe von S. Maria di Costantiniopoli
durch die Stadt Rossano, was auch genehmigt wurde.
Die
erste Gründung: S. Maria delle Grazie
Die Gründung
ist bezeugt in einer Überlieferung des Bruders Silvestro
da Rossano. Von ihm (geb. 1530) wird erzählt, „...dass
er mit 4 Jahren beim Verlassen des elterlichen Hauses von der
Treppe gefallen war und den Arm gebrochen hatte. Die Mutter versuchte
mit allen bewährten Hausmitteln zu helfen, aber vergebens,
worauf sie das Kind zum Kloster brachte, zu einem Pater der Unsrigen
mit einem heiligmäßigen Leben, namens Bruder Geronimo
da Palude. Der segnete ihn und machte seinen Arm wieder heil.“
Damit sollte
klar sein, dass der Konvent ab 1534 bestanden hat.
Der Baron Luca de Rosis von Rossano schreibt: Das Kapuzinerkloster
lag außerhalb der Stadt, bei der Ortschaft S. Maria delle
Grazie, einer kleinen Kapelle, die ihren Namen erhalten hat aufgrund
eines wundertätigen Bildes, das man dort gefunden hatte.
Und auf eine Erscheinung hin machte D. Pietro Rapani der Stadt
das Angebot einer Schenkung, wenn die Leute von Rossano dort ein
Kloster errichten würden.
Wer
sind die Kapuziner, und warum gerade die Kapuziner? Und warum
in Rossano?
Nun ist es
wichtig zu wissen, dass damals der Kapuzinerorden als eigene Gemeinschaft
erst neu entstanden war. Die Kapuziner lösten sich aus den
franziskanischen Gemeinschaften heraus, blieben aber Teil der
großen Franziskus-Ordensfamilie.
Es ist anzunehmen,
dass die Bürger von Rossano nicht von ungefähr die Kapuziner
dafür bevorzugt hatten. Es sollte ein Akt der Anerkennung
für einen ihrer Stadtgenossen, Padre Silvestro, sein, der
1532 von der Franziskanerobservanz genannten Ordensgemeinschaft
zu den Kapuzinern übergewechselt ist. Der Motor der kapuzinischen
Reform, P. Ludovico Cumi von Reggio di Calabria, offensichtlich
gedrängt von dem genannten P. Silvestro, wollte die neue
franziskanische Ordensfamilie vor allem in Kalabrien verbreiten,
und so hat sich gleich die Gelegenheit ergeben. Rossano war quasi
geheiligter Boden: S. Nilo kam von hier, der große Sohn
von Rossano, dessen Landsleute und Gefährten Paolo, Proclo
und Bartolomeo, die Seligen Stefano und Giorgio. Dann gab es den
Mystizismus des Klosters S. Maria del Patir bei Rossano, das trotz
Schwächung durch den Übergang vom griechischen zum lateinischen
Ritus noch eine große Ausstrahlung hatte.
Die
Anfänge
Anfangs lebten
die Brüder in halbverfallenen Gebäuden oder selbstgebauten
Holzhütten, und doch privilegiert, denn die hatten ja das
Kapellchen des sig. Rapani, wo sie ihr Brevier lesen, beten und
Messe feiern konnten. Nicht zufällig wurde die kleine Gemeinschaft
von Padre Gerolamo da Paludi angeführt. Möglicherweise
kannten ihn die Leute von Rossano bereits, da er ganz aus der
Nähe, aus Paludi kam. Nun hatte er die Aufgabe, die Neugründung
im Geist der Reform zu gestalten mit dem Ziel einer Heiligung
der Seelen.
Der Bau des Konvents brauchte etwa 13 Jahre. Die Errichtung des
Konvents erfolgte dann 1546, aus den wenigen Brüdern von
1534 sind viele geworden. Davon haben wir Kenntnis durch P. Giuseppe
da Corigliano, als Antwort auf eine Anfrage von Innozenz X am
26.2.1650. Darin ist die Rede von einem Garten, den eine Hecke
umgibt, von 18 Zellen, von 3 Priestermönchen mit Namen Giuseppe
da Corigliano als Guardian, sowie Bruder Angelo von Rossano und
Bruder Angelo von Montalto sowie 4 Laienmönchen, mehr nicht,
denn es heißt, die Brüder litten unter schlechter Luft
und unter dem schlechten Zustand der Straße. Sie lebten
von Almosen und von dem, was das umliegende Land hergab. Der Konvent
hatte keine Einkünfte durch Messen für die Seelen der
Verstorbenen, aber auch keine Schulden.
Was in dem Bericht nicht erwähnt wird: Es gab eine Bibliothek,
ein Refektorium, die Kirche, die Feuerstelle, die Werkstätten
für die Brüdermönche, nämlich, Schusterei,
Schreinerei und andere. All dies gab es ab 1649.
Priestermönche,
Laienbrüder, Novizen
Damals gab
es etwa 50 Kapuziner in ganz Kalabrien. Aus dem ganzen Land kamen
Anfragen nach Kapuzinerbrüdern, doch für ein Kloster
waren mindestens 12 Brüder notwendig. Die Priester hatten
die Aufgabe der Seelsorge, der Predigt , auch in den Dörfern,
indem sie umherzogen. Die Brüder waren eher mit praktischen
Arbeiten um das Kloster beschäftigt. Dazu kamen die Novizen,
die wegen des großen Andrangs an Bewerbern für das
Ordensleben in den größeren Klöstern untergebracht
wurden, so auch in Rossano.
Von einem
solchen Laien-Novizen wird berichtet::
Wieder auf Fürsprache der Madonna delle Grazie wurde der
Laien-Novize Bernardo da Casole Bruzio geheilt, der durch ein
schlimmes Fieber praktisch taub geworden war. Das kam so: Er sollte
wegen seines Leidens entlassen werden. Aber – um sich nicht
dieser Demütigung auszusetzen, hatte er sich entschlossen,
spontan in der Nacht zu fliehen. Doch vor der Ausführung
seines Vorhabens ging er vor das wundertätige Bild der Madonna
delle Grazie. Unerwartet leuchtete das Gesicht der Madonna. Er
gewann augenblicklich das Gehör wieder, wurde fröhlich
und für immer Bruder Bernardo.
Eine andere
Legende erzählt, dass in Rossano das Öl knapp war. Der
Pater Guardian, der auch Novizenmeister war und Francesco di Cerchiara
hieß, sagte zu dem Bruder Sakristan, nur die Lampe am Allerheiligsten
Sakrament entzünden zu lassen und keine andere, auch nicht
die am Bild der Madonna. Nachts als der Guardian in die Kirche
ging, staunte er nicht schlecht, als er das Bild von einer Kerze
erhellt fand, die mit Öl bestens versorgt war. Am Morgen
stellte er den Sakristan zur Rede, der schwor, dass er die Kerze
unentzündet zurückgelassen hatte und den Schlüssel
stets bei sich getragen hätte, und so fand auch er die Kerze
unerwartet brennend. Daraus schloss der Guardian, dass ein Engel
des Herrn - als er die Armut der Brüder sah - die Kerze zu
Ehren der Mutter des Herrn entzündet haben musste.
(wird fortgesetzt)
Ab 1975 wurde
das alte Kloster zum Sitz der Comunità Monastica S. Maria
delle Grazie. Es wurden die notwendigen Restaurierungen durchgeführt
und der ganze Komplex einer Bewegung junger Leute anvertraut,
genannt Fraternità Monastica S. Maria delle Grazie.
Übersetzt und gekürzt von Thomas Raiser nach:
Fra Giocondo Leone (Autor)
I Cappuccini a Rossano
Soveria-Manelli 2000
hrg. von der Provinz Cosenza der Kapuziner
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