Spezial: |
|
LOCRI Tagebuch:
|
Spezial: ASPROMONTE
__________
Die Skulptur einer altgriechischen Dichterin am Hafen von Locri
|
||
Der Bahnhof von Locri mit der supermodernen Das Rathaus mit dem Gefallenendenkmal in Locri |
|||||
|
|||||
Eher zufällig stoße ich auf den Gedenkstein für Francesco Fortugno, den Präsidenten des kalabresischen Regionalparlaments, einem Landtagspräsidenten vergleichbar. Er wurde in Locri im Oktober 2005 ermordet. Inzwischen - so berichten die aktuellen Zeitungen - ist geklärt, dass es um politische Machtspiele im Wahlkreis Locri ging. Ein konkurrierender Kandidat hat Fortugno's Kandidatur als Einmischung in seine Geschäfte empfunden und den Konkurrenten aus dem Weg räumen lassen. Das Attentat führte immerhin zur Gründung der "Jugendlichen von Locri", gegenwärtig eine der aktivsten Bewegungen gegen die N'drangheta und ihre Netzwerke.
|
|||||
Busfahrt zu den Terme Antonimiana Bagni Im Sommer Bus zu den Ausgrabungen des antiken Locri: dienstags und donnerstags um 9.15 Uhr ab Bahnhofsvorplatz, nach ca 3 Stunden wieder zurück (Veranstalter: Pro Loco) Busfahrplan für den Süden Kalabriens |
|||||
|
|||||
Von Gerace Marina zu Locri |
Ein wichtiger Wendepunkt war der Umzug des Bischofs von Gerace nach Locri um das Jahr 1959. Als bekannt wurde, dass Bischof ... im Jahr ... die Idee hatte, aus dem mittelalterlichen Gerace in die Stadt an der Küste umzusiedeln, da gab es einen Aufruhr in Gerace. Der Bischof geriet schließlich derart unter Druck, dass er mit der Hand auf dem Madonnenbild von Gerace versprach, in Gerace zu bleiben. Der Umzug kam dann trotzdem, irgendwann war der Bischof fort - zur tiefen Verbitterung der Leute von Gerace. In der Neuzeit gab es dann eine teilweise Versöhnung: Gerace und Locri sind die beiden Bischofskirchen, doch der Sitz des Bischofs ist bis heute Locri am Meer. |
||||
Tagebuch: Samstag 1. August 2009 in Locri Begegnung mit Mos. Giuseppe Fiorentini Morosini Giuseppe Fiorini Morosini ist nämlich Paulanermönch, hat den Orden über einige Jahre geleitet und etliche Bücher über den Ordensgründer der Paulanerbrüder - und schwestern geschrieben. Im Amtszimmer bringt der Sekretär, Don Giuseppe, den obligatorischen caffè (Espresso). |
Bei Mons.
Die Kathedrale in Locri
Das geplante Gemeindezentrum |
||||
Mons. Giuseppe Fiorini Morosini fühlt sich wohl in Locri-Gerace; er kennt die Mentalität, steht aber auch hinter den Initiativen seines Vorgängers. Seine Diözese umfasst 120.000 Gäubige. Er beklagt, dass es wenig Investitionen in den armen Süden Italiens gebe. Was Kalabrien insgesamt betrifft, beklagt er das Fehlen einer Vision, einer wirklichen Perspektive, statt dessen gäbe es viele Aktionen als Eintagsfliegen. Er fragt sich, warum ein Land mit einer derart schönen und unendlich langen Küste nur ein paar Tage im Jahr Saison hat. Neben der Kathedrale, so erzählt er, wird ein großzügig bemessenes Gemeindezentrum gebaut, das vor allem die Jugend- und Familienarbeit in der Stadt bündeln soll. Es wurde mit den Mitteln bezahlt, welche die katholische Kirche aus dem „Otto per Mille“, also der italienischen Kultursteuer, erhält. Der eigene Etat der Diözese für solche Dinge beträgt gerade mal 60.000 Euro. Am folgenden Montag wird er mit einigen Seminaristen nach Polsi fahren, dessen Wallfahrtspfarrer, Don Pino Strangio, er sehr schätzt. Polsi soll immer mehr spirituelles Zentrum der Gegend werden. |
|||||
|
Sagen und Legenden aus dem antiken Locri Unter dem verheißungsvollen Titel "Die Königin mit den drei Brüsten" hat Julia Jäger im Verlag Rubbetino im Jahr 2000 eine Sammlung von lokalen Legenden und Sagen aus ganz Kalabrien herausgegeben, eine Interpretation und Übersetzung eines Buches von Giulio Palange, ein Standardwerk für alle Kalabrienliebhaber, die mehr als zwei Orte besuchen. Zu (fast) jedem Ort gibt es etwas zu erzählen; und Julia Jäger tut dies auf eine sehr unterhaltsame Art. Die Matriarchinnen Hier erzählt Julia Jäger, wie im siebten vorchristlichen Jahrhundert Frauen in Griechenland Entzugserscheinungen hatten, weil ihre Männer ständig im Krieg waren. Im griechischen Locride beispielsweise emigrierten die Frauen, nahmen ihre männlichen Sklaven mit und landeten am Berg Zefirio an der ionischen Küste Kalabriens, um dort Locri Epizefiria zu gründe. Die Herrinnen blieben auch in der neuen Heimat die Chefinnen, so könnte sich das Matriarchat erklären, das in Locri in der Antike herrschte. Eunomo, der Auserwählte Eine nette Geschichte erzählt von einem Musikerwettstreit zwischen Eunomo aus Locri und Aristone aus Reggio. Beide glaubten, vom Gott Apollon unterstützt zu werden: "Aristone, weil er aus Reggio stammte, der Stadt, die zum Ruhm dieses Gottes entstanden war, Eunomo dagegen, weil die Zikaden, die Apollon besonders liebte, im Gebiet von Reggio stumm waren, während sie aber in Locri nach wie vor fröhlich zirpten." Der Wettbewerb gegann, beide gaben ihr Bestes. Da riss mitten im letzten Stück eine Saite von Eunomo's Leier. "Im selben Moment setzte sich eine Zikade auf sein Instrument und beendete das Stück mit ihrem lieblichen Zirpen. Die Wettbewerbsrichter deuteten dies als Zeichen des Wohlwollens von Seiten des Apollon für den Musiker aus Locri und gewährten ihm den Primat." In Zeiten der Anarchie und des Lasters suchten die Leute von Locri jemand, der für Ordnung sorgen konnte. Zaleuco war ein begnadeter Gesetzgeber, der eng im Kontakt mit der Göttin Athene stand. So entstand das erste Gesetzbuch Europas. Es war ein überaus strenges Gesetz, und ebenso streng wurde darauf geachtet, dass es nicht verändert werden sollte. "Aber wie so oft wenden sich die Gesetze gegen den, der sie aufgestellt hat. Der Sohn des Zaleuco beging Ehebruch, was nach dem Gesetz mit Erblindung bestraft wurde. Als nun die Locreser voller Erwartung auf den unnachgiebigen Gesetzgeber lauerten und die genaue Einhaltung der Gesetze forderten, löste er die Situation und seine innere Zerrissenheit zwischen Strenge und väterlicher Liebe, indem er ein Auge seinem Sohn ausriss und eines sich selbst." (Giulio Palange: Die Königin mit den drei Brüsten |