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BOVALINO
SAN LUCA
SANTUARIO
MADONNA
DI POLSI

 

Blick vom Bahnsteig in Bovalino aufs Meer

 

Spezial:

ASPROMONTE
- LOCRI
- BOVALINO
- SAN LUCA
- SANTUARIO MADONNA DI POLSI
- GERACE

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Das Busunternehmen
Autolinee Pelle in S. Luca
fährt vor allem Gruppen
nach Polsi. Bei freien
Plätzen kann man auch
als Einzelbesucher Glück haben. Tel. 0964/985293

   
Wallfahrtsort Madonna di Polsi im Aspromonte

 

Tagebuch: Samstag 1. August 2009
Unterwegs nach Polsi

Mit dem Zug von Locri nach Bovalino kostet €1,80, immer am Meer entlang. Um 10.30 Uhr startet dann vom Bahnhofsvorplatz der Mediterranea-Bus nach S. Luca. Dorthin gelangt der Bus über die Hügel des Vorgebirges und schließlich durch ein weites trockenes Flusstal aufwärts, an dessen rechter Flanke von unten gesehen San Luca am Hang liegt, eher unspektakulär, mit vielen neuen mehrstöckigen Häusern. Bedeutsam ist, dass der vielleicht berühmteste Dichter Kalabriens, Corrado Alvaro, in San Luca geboren ist.
Wie kaum ein anderer hat er das Leben der Kalabresen zu seiner Zeit eingefangen in seinem Roman "Gente di Aspromonte", in deutscher Übersetzung erschienen als "Die Hirten vom Aspromonte", momentan nur noch in teuren Liebhaberausgaben zu haben. Von der Endhaltestelle nehme ich den oberen der beiden möglichen Wege ( der untere wäre wohl der nähere und klassische gewesen) und gehe durch das Dorf aufwärts am alten Friedhof vorbei, immer höher, einige Kilometer weit, bis zu den Felsen Pietra Cappa und Pietra Lunga. Ein Landrover mit drei Uniformierten hält an und fragt, wohin ich wollte. Als sie mir erklären, wie weit es noch bis Polsi wäre, nehme ich ihr Angebot an und fahre mit bis zum Casello Vocale, einer Forsthütte mit reichlich guten, aber eisigkalten Wasserquellen. Alle drei Polizisten stammen aus Sizilien, haben ihre Dienststelle in San Luca und wohnen mit ihren Familien in den Orten der Umgebung. Sie freuen sich, dass durch den Regen im Juni sich die Waldbrände bisher in Grenzen halten.

Am Casello Vocale ist Familienfest. Die Polizisten lehnen dankend die von der Festgesellschaft angebotene Wassermelone ab und fahren weiter, ich dagegen nehme dankend an und sitze neben Opa und Oma und freue mich an der Verwandtschaft, die sich hier vergnügt. Nach einem ordentlichen Essen befinden sie sich gerade beim Nachtisch. "Wir kommen aus Duisburg, wie die meisten in San Luca." Per Zufall habe ich Antonio Pelle, Gastronom in Duisburg, getroffen. Er ist gerade daheim in S. Luca und macht hier Urlaub mit seinen Eltern und Geschwistern. Er erzählt, wie er nach den Ereignissen in Duisburg (6 Tote) wochenlang verdächtigt und überwacht und von alten Freunden im Stich gelassen wurde, nur weil es eine Namensgleichheit gab (einer der bei der Schießerei beteiligten Clans hieß Pelle - Strangio). "In San Luca heißen aber alle Pelle oder Strangio". In dem Buch "Geboren in San Luca" macht er seinem Ärger über die Kriminalisierung Kalabriens durch die Medien Luft. Dieser Ärger ist bei vielen Kalabresen zu spüren, die sich zu Unrecht ständig mit der Mafia in Verbindung gebracht sehen. Am Bahnhofsvorplatz von Bovalino fährt Mediterraneabus nach San Luca ab (normalerweise täglich außer So um 7.30 und um 10.30 Uhr, Fahrtzeit ca 30 Minuten)
 

San Luca ist der Heimatort des Schriftstellers und Journalisten Corrado Alvaro.

 

Nun muss ich nur noch eine Stunde abwärts gehen, um Polsi zu erreichen, und schon bald sehe ich die Siedlung von oben. Kurz vor dem Wallfahrtsort überquere ich einen Bach. Ein paar Betonpfeiler künden von der Idee, eine Brücke zu bauen. An einer tieferen Stelle baden einige Familien, die sich später als Mitglieder einer Pilgergruppe aus Mammola herausstellen, die in 18 Stunden 70 Kilometer zu Fuß gegangen sind - an einem einzigen Tag. Von oben sieht Polsi aus wie drei langgezogene Ställe mit Blechdächern. Nähert man sich dann aber weiter an, so erkennt man eine interessante Ansammlung älterer Häuser, die Stück um Stück saniert werden.

Ich komme in Polsi an. Als erstes sehe ich eine improvisierte Bar, vor der zwei Männer sitzen. Ich gehe weiter und komme zur kleinen Wallfahrtskirche, deren Türen weit geöffnet sind. Als ich sie betrete, sitzt in den hinteren Bänken eine Frau mit einem etwa achtjährigen Kind auf dem Schoß und singt ihm leise ein altes Wallfahrtslied vor, das sie auswendig kennt. Das Kind hört aufmerksam zu.

 

 

 

 

Polsi, unten die Kioske, oben der Wallfahrtsbezirk

 

 
Die Wallfahrtskirche in Polsi
 

Mehrere junge Männer nehmen im vorderen Teil der Kirche Platz. Einer beginnt laut ebenfalls Wallfahrtslieder zu singen, einige in dem volkstümlichen Tonfall der Marienlieder von Polsi, aber auch ein paar moderne Marienlieder, die ich kenne. Die andern stimmen ein. Erst am nächsten Tag merke ich, dass dies die Chorprobe war für den Sonntagmorgen.

Durch den Seitenausgang der kleinen Kirche komme ich in ein Atrium mit blumengeschmückten Balkonen auf mehreren Stockwerken, alles neu renoviert. Als ich nach dem Wallfahrtspfarrer, Don Pino Strangio, frage. weist mich ein Jugendlicher nach oben.

Im ersten Stock entdecke ich eine ganze Wand voll behängt mit Brautkleidern – sicher Kleider, die hier bei Trauungen getragen und dann der Madonna gestiftet wurden. Im obersten Geschoss geht von dem Balkon eine offenstehende Tür ab. Ich sehe zwei Räume, die als Büro und Aktionsraum möbliert sind. Mehrere freiwillige Jugendliche sitzen vor dem Computer oder erledigen irgendwelche Dinge. Von ihnen erfahre ich, dass Don Pino bald kommen wird. Zwischenzeitlich beobachte ich den Elektriker Salvatore und einen der Freiwilligen, als sie ein Transparent am Eingang des Wallfahrtsbereiches anbringen. Darauf wird von Polsi als dem „Herz des Aspromonte“ gesprochen, Worte, die ich sehr treffend finde und welche die neue Rolle des Ortes sehr gut zum Ausdruck bringen:
"Santuario di Polsi - Herz des Aspromonte und Symbol der Rehabilitierung (riscatto) und der Wiedergeburt des Aspromonte".
Einige Zeit später treffe ich Don Pino tatsächlich an, richte ihm diverse Grüße aus. Er lädt mich ein, über Nacht zu bleiben. Einer der Freiwilligen bringt mich zu meinem Zimmer.
Zum Abendessen trifft man sich im Refektorium. Hier speist die Stammmannschaft: Die Priester, die Freiwilligen, alle, die mitarbeiten. Der Tisch steht in einem großen „U“; am oberen Ende sitzen die Priester, und ich sitze bei Don Vito, dem zweiten Priester. Gemälde an der Wand handeln von der Geschichte des Wallfahrtsortes; ein Bild zeigt eine Abendmahlsszene, wohl mit Köpfen von Persönlichkeiten aus dem kirchlichen Leben der Umgebung. Es gibt Huhn mit Kartoffeln, dazu Oliven und Paprika, alles einfach, herzhaft und gut. Don Pino eröffnet das Essen mit einem Tischgebet. Nach dem Essen sitzen wir draußen auf einer Art Terrasse, auch die Pilger aus Mammola kommen dazu. Die Pilger essen in der Pilgerherberge, einem riesigen Speisesaal. Wir werden Zeugen, wie Salvatore, etwa 12 Jhre alt und italienischer Jugendmeister im Pizzawerfen, uns eine Vorstellung gibt. Mit einem Pizzateig-ähnlichen Lappen wirbelt er durch die Luft, im Stehen, im Liegen, durch die Beine durch, hochwerfen und wieder auffangen, einfach fantastisch. Er befindet sich sozusagen im Trainingslager, denn in der kommenden Woche reist er mit einer Delegation zu einer Werbeaktion nach Berlin. Im Convento ziehe ich mich in mein einfaches Zimmer, immerhin mit Dusche und Klo, zurück.

 

 

 

 

 

Wandgemälde im
Refektorium
(Speisesaal)

   
Brautkleider im Innenhof des Konventsgebäudes
 
 

 

Wallfahrtsbild
im Refektorium

 

 

 

 

 

 

 

 
Santuario Madonna di Polsi -
Das Herz des Aspromonte

Zur Entstehung des
Santuario Madonna di Polsi

Am Anfang war Polsi bewohnt von italienisch-griechischen Mönchen, später bewohnten dann Eremiten das Santuario.
Die Verehrung eines eisernen griechischen Kreuzes gab es wohl schon vor der Verehrung der „Madonna della Montagna“.
Es wird erzählt, der Normanne Roger hätte auf der Jagd sein Gefolge ausruhen lassen wollen. Da sieht er an der Stelle Polsi einen jungen Stier, der vor einem byzantinischen Kreuz kniet, das er mit den Hörnern aus dem Boden ausgegraben hat. Er ruft den Abt von Potamia, der das Kreuz nimmt und es ins Kloster S. Salvatore bringt, bis am Ort selbst eine Kirche gebaut war.
Plausibler erscheint, dass ein Hirt aus S. Cristina namens Italiano auf der Suche nach einem Jungstier den Aspromonte durchstreifte. Er fand ihn nach drei Tagen an der Stelle von Polsi vor einem Eisenkreuz kniend. Gleichzeitig erschien ihm die Madonna, und von da an war der Ort geheiligt.

Der Name "Polsi", früher "Poupsis"bezeichnet einen hervorgehobenen Ort oder bedeutet: Hervorhebung, Erhöhung. Santa Maria di Polsi würde also bedeuten: Maria von der Kreuzerhöhung.
Nach der Auffindung des Kreuzes wurde eine kleine byzantinische Kirche erbaut. In einem kleinen Konvent fand eine kleine Gemeinschaft von basilianischen Mönchen Heimat. Die basilianischen Mönche hatten in Süditalien u.a. die Esskastanie eingeführt.

Als am 1. November 1457 Bischof Atanasio Calkeopulos zu Besuch nach Polsi kam, bedeutete dies den Übergang vom griechischen Ritus der italienisch-griechischen Mönche zum lateinischen Ritus der römischen Kirche. Er trifft auf ein kleines basilianisches Kloster voll spirituellen Lebens mit den Brüdern Nicodemo, Atanasio, Teofilo, Neofito und Simeone unter der Führung ihres Abtes Gerasimo. Wenig später, im Jahr 1480 verließen die basilianischen Mönche den Ort und zogen in das bis heute bestehende Kloster des ostkirchlichen Ritus in Grottaferrata bei Rom.
Die zuständigen Bischöfe von Gerace setzten danach Wallfahrtskapläne ein.

1560 kam  - so erzählt man - auf geheimnisvolle Weise die Statue der Madonna auf einem von Ochsen gezogenen Karren nach Polsi, von da an wuchs die Verehrung immer mehr.

Im 17. Jahrhundert bildete sich eine kleine Eremitengemeinschaft, die sich nach San Paolo I Eremita nannte. Diese Gemeinschaft bestand bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von da an gab es jeweils einen "rettore", einen Wallfahrtspfarrer in Polsi.

Im Jahr 1881 wurde zum ersten Mal die Krönung der Madonnenstatue begangen, von da an alle 50 Jahre, bis der frühere Bischof Bregantini vor wenigen Jahren die Marienkrönungen alle 25 Jahre anordnete, damit jede Generation die Chance einer Teilnahme hätte.

   
 

Tagebuch: Sonntag 2. August 2009 in Polsi

Eine ungestörte vollkommene Ruhe zieht sich durch die ganze Nacht. Bis um 5 Uhr, denn dann läuten die (Lautsprecher-)Glocken mit dem Ave Maria-Lied den Sonntagmorgen ein. Irgendwann gegen acht Uhr nehme ich im Refektorium den Caffè (Espresso) aus der Kanne ein, zusammen mit ein paar Keksen zum Tunken, also wie üblich. Zwei, drei der Freiwilligen aus San Luca sind ebenfalls am Frühstücken.

Unten auf dem Platz an der Kirche kommen schon die ersten Pilger, man hört die Stimmen, und der erste Souvenirstand lässt dezent Musik plärren. Ich gehe hinunter zu den Verkaufsständen, die im Rund angeordnet sind. („Das war eine der ersten Aktionen, die Don Pino Strangio nach der Übernahme des Amtes unternommen hat: Die Stände, die direkt vor der Kirche waren, auf den Platz unten am Flüsschen zu verbannen.“)
Die Stände haben vor allem religiöse Artikel im Angebot, eben das, was die Oma gerne ihren Kindern und Enkeln mitbringen möchte, ein Segenswunsch, eine Statue, ein Bild fürs Schlafzimmer, ein Schutzengelbild für die Kinder, Padre Pio. Viele Gebetshilfen wie zum Beispiel Rosenkränze in allen Farben. Ein Stand bietet lange Kerzen an, die von einer Stange herunterhängen, über einen Meter lang und Körperteile aus Wachs als Dankenszeichen für erlangte Heilung oder Hilfe.
Zwei Stände mit Musik-CD’s bieten vor allem Folklore an, die Wallfahrtslieder des Ortes und viel Tarantella. Fast die Hälfte der CD’s enthält traditionelle Lieder der N’drangheta(Mafia in Kalabrien). Ich hatte gedacht, dass diese CD’s in Italien verboten sind, offensichtlich trifft dies aber nicht zu; sie scheinen ganz gut zu laufen.
Ein Stand verkauft Fleisch, Ziegenfleisch, wie es die Tradition des Ortes kennt. Nachdem das traditionelle Schlachten der Ziegen auf den Zugangswegen nach Polsi nicht mehr erwünscht bzw. vom Gesetz verboten ist (Augenzeugen vor 20 Jahren: „Das war ein richtiges Blutbad, wenn man zur Wallfahrt wollte, soviel Ziegen wurden da unterwegs geschlachtet.“), kann jeder also ganz legal und sauber seine Ziege beim Metzger erwerben.

Ein Händler baut am Weg zum Santuario seinen Blumenstand auf. Die Blumen sind sehr begehrt. Die Leute kaufen eine einzelne Blume für jeden und stecken sie dann in der Kirche vor dem Madonnenbild in eine bereitstehende Vase. Die Pilger sind inzwischen mehr geworden. „Die Messe fängt an, wenn die Leute da sind, dann läuten die Glocken.“ sagt Don Pino. Korrekt. Etwa halb zehn beginnt Don Vito mit der ersten Messe in der gut gefüllten Kirche. Die Leute, die noch Schlange stehen zum Maria-berühren und Blumen-Stecken werden gebeten, sich in die Bänke zurückzuziehen. Das irritiert zwei kleine Mädchen mit Cowboyhüten. Sie sind jetzt ganz durcheinander, denn sie können ihre Blumen nicht loswerden..

 
Don Pino Strangio beim Gottesdienst
in der Wallfahrtskirche
   
 
 
 

 

Eine Pilgergruppe aus Mammola ist innerhalb eines Tages 70 km zu Fuß nach Polsi gewandert,. Sie stellen jetzt den Chor, der die Lieder anleitet. Man singt auswendig. Vor dem Gottesdienst ruft jemand auf, sich zu melden, wer einen Bibeltext oder ein Gebet vorlesen möchte. Es kommen mehr als genügend, die bereit sind.

Die Botschaft

Die ersten beiden Messen leitet Don Vito. Gebürtig aus Apulien, war er mehr als 20 Jahre als Missionar in Sierra Leone, das waren extrem schwierige Jahre während des grausamen Bürgerkrieges. Don Vito ist ein gütiger und einfühlsamer Mensch, der hier in Polsi eine Sabbatzeit verbringt, um sich neu zu orientieren.

Das Evangelium des Sonntags spricht von der Brotvermehrung. Ein dankbares Thema für Don Vito, der erzählt, wie sich in Sierra Leone mehrere Kinder ein Bonbon geteilt haben, weil Armut und Hunger tägliches Brot waren. Er vergisst auch nicht zu erwähnen, dass ja auch Kalabrien noch immer nicht zu den wohlhabenden Regionen Italiens zählt. Und er spricht von den Mülleimern in den Schulen, wo die Kinder ihr Pausenbrot werfen, weil ihnen den Brotbelag nicht schmeckt. Don Vito erwähnt auch die neue Sozialenzyklika Papst Benedikts, der die Reichen und Mächtigen zur Gerechtigkeit auffordert.

Don Vito nimmt den Hunger des Leibes sehr ernst, weil er weiß, wovon er spricht. Er weiß aber auch, dass der volle Bauch allein noch nicht alles Glück bringt. Das Glück liegt im Teilen nicht nur des Brotes, sondern in einer Gerechtigkeit für alle..

Das Evangelium spricht von einem Brot, das weiter reicht als die momentanen Bedürfnisse, das Kraft hat zu verwandeln. Gott vergisst sein Volk nicht, das ist die Botschaft dieses Evangeliums, und wer sein Brot empfängt, trägt ihn bei sich Tag für Tag.

Neben den Gottesdiensten her sind die Priester beschäftigt mit Beichthören, und die Gläubigen warten darauf in einer langen Schlange.

Die dritte Messe mit Don Pino, dem „rettore“ (Rektor) des Wallfahrtsortes, ist verbunden mit einer Taufe eines Kindes. Don Pino leitet die Liturgie mit routinierter, verbindlicher Geschäftigkeit. Er gilt als ein Mann, der handelt. Don Pino Strangio ist der erste Rektor des Wallfahrtortes, der selber aus San Luca stammt. Leute aus dem Ort erzählen, wie er in seiner Jugend immer gerne dem damaligen Priester zur Hand gegangen ist, einen besonderen Hang zum Kirchenraum und zur Liturgie hatte. Er war schon damals etwas besonders, sagen sie. Während wir gespielt und Dummheiten gemacht haben, hat er dem Priester geholfen.

Seit 1998 hat sich einiges verändert: Die zahlreichen Bauten, welche die Erdbeben der Jahrhunderte einigermaßen gut überstanden haben, werden nun eines nach dem anderen stilvoll hergerichtet. Don Pino gelingt es dabei, nicht nur die Häuser aufzubauen, sondern auch Menschen in Polsi zusammenzuführen. Seien es die Priester, die bei der Wallfahrt mithelfen und ihre eigenen Zimmer im Konventsgebäude haben, seien es die freiwilligen Jugendlichen (einer studiert Medizin in Reggio, ein anderer Jura in Messina), die ihre Ferien hier oben verbringen und mithelfen, wo immer notwendig, seien es die Erwachsenen, die von Kindheit an mit dem Ort verbunden sind. Einer von ihnem, Salvatore, der mich nach Bovalino zurückfährt, nicht ohne mir vorher den halben Aspromonte zu zeigen, ist als kleines Kind beim Opa aufgewachsen, und der war der Ziegenhirte des Santuario, also praktisch bei der Wallfahrt angestellt.

Immer mehr bekommt Polsi die Bedeutung eines geistlichen Zentrums. Am Montag nach meinem Aufenthalt wollte Bischof Mons. Giuseppe Fiorini Morosini kommen, um sich mit den Seminaristen der Diözese zu Besinnungstagen zu treffen.

Seit Neuestem
gibt es ein
Museum in Polsi
   
 
Salvatore und einer der Freiwilligen befestigen
ein Transparent: "Das Santuario von Polsi:
Symbolischer Ort des Wiederaufbaus und
der Wiedergeburt des Aspromonte"
 
 
 
Hier gibt es legal geschlachtetes Ziegenfleisch.

"Einmal hat jemand behauptet, in diesem hohlen Baum würden sich die Mafiosi treffen!" - Noch kann Don Pino spotten.
Die Ganzjahres-Krippe von Polsi
 
 
 

Anmerkung:
Im Sommer und Herbst 2010 wendet sich der frühere Bischof Giuseppe Fiorini Morosini mehrmals an die Gläubigen seiner Diözese Locri-Gerace. Er spricht in aller Klarheit aus, dass christlicher Glaube und Illegalität nicht miteinander vereinbar sind.
Zuvor hatte die italienische Polizei Aufnahmen von einem Treffen von N'drangheta-Bossen in Polsi veröffentlicht.

Don Pino wird seit Januar 2017 der indirekten Förderung der Ndrangheta und der Zugehörigkeit zu einer Freimaurerloge beschuldigt, welche die Vernetzung des organisierten Verbrechens mit den örtlichen sozialen Strukturen gefördert haben soll.. Neuer Rektor des Wallfahrtsortes ist Don Antonio Saraco.