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Die Grotten von Cirò

Die folgenden Ausführungen über die Grotten/Höhlen von Cirò stammen aus der Promotionsarbeit von Pina De Bartolo. Sie stützt sich dabei auf Forschungen und Veröffentlichungen von Giuseppe De Fine, leitender Redakteur von "Il Cirotano". Bei ihm liegen die Rechte für den it. Urtext und die deutsche Übersetzung.

Die sechs Grotten „del Lago“ befinden sich in der Zone Serra del Lago, zwischen den Gehöften Malocretazzo im Norden und Santa Venere im Süden, direkt an einem Sträßchen, das einmal beide Güter miteinander verbunden hat. Leider ist die heute nicht mehr befahrbare Straße fast in Vergessenheit geraten, und was einmal die alten Landsitze unserer Vorfahren waren, ist heute ebenso verlassen.
Bis vor ein paar Jahrzehnten dienten die Grotten als Unterschlupf für die Viehherden, heute sind nicht einmal die mehr da, die einzigen verbliebenen Bewohner sind die Erdbienen und Cervone genannte ungefährliche Schlangen, von den Bauern Mpastura Vacca gerufen.
Die Grotten sind in den Fels gehauen, charakteristisch ist das Vorhandensein von horizontalen Platten aus Sedimentgestein, dazwischen eine Sandsteinschicht mit einer Dicke von einem halben bis einem Meter, deutlich sichtbar im Innern der Grotten. Der kleine Grat, der sich über den Grotten erhebt, ist von zahllosen Cervone-Schlangen bewohnt. Es ist geradezu ein Schauspiel, sich während der wärmsten Stunden des Tages dorthin zu begeben, wenn sich die Schlangen von der Sonne streicheln lassen.
Die Grotten weisen mehr oder weniger dieselbe Struktur auf., außer der dritten, der vierten und der sechsten. Die Lage der dritten in Bezug auf die vierte Grotte ist so gegraben, dass ihre Rückseiten praktisch aneinander liegen, so dass im Innern der vierten Grotte auf der linken Seite ein kleines Verbindungsfenster von etwa 20 cm Größe für Luftaustausch mit der Nachbargrotte sorgt.
Die sechste Grotte hat im Unterschied zu den anderen Grotten keine runde, sondern eine dreieckige Form. Ebenfalls in der sechsten Grotte sind die Sedimentstreifen, welche den Sand trennen, nicht waagerecht, sondern haben eine Neigung zum Boden der Grotte hin, so dass sie sich in den Boden hinein auflösen. Eine weitere Besonderheit der 6. Höhle ist ihre geringe Höhe, nämlich etwa 1,50 Meter im Vergleich zu den zwei Metern oder zweieinhalb Metern Höhe der anderen Höhlen.

Grotta di San Francesco

Eine andere Grotte, nicht weniger interessant, liegt in der Gegend "San Francesco", die ihr auch den Namen gegeben hat, wenige hundert Meter vom früheren Konvent der Brüder des S. Francesco di Paola. Die Höhle ist nach Süden hin gelegen und nach Osten ausgerichtet, zum Meer hin, hat einen Eingang von ca drei Metern, eine Höhe von etwa 1,40 Metern, man muss sich also beim Betreten bücken. Der innere Teil allerdings ist höher und erreicht etwa 1,60 Meter, während seine Breite drei Meter beträgt, ebenso seine Tiefe. In den Sandsteinfelsen gegraben, vermutet man, dass der Eingang mit der Zeit eingestürzt ist, denn der Eingang ist im Vergleich mit andern Grotten von Cirò viel zu niedrig. Die Präsenz des nahen früheren Paulanerkonvents lässt vermuten, dass die Höhle auch von Mönchen genutzt wurde, die sich zum Gebet in die Einsamkeit zurückgezogen haben.
Sich selbst überlassen beherbergt sie jetzt nichts anderes mehr als die Wurzeln der Pflanzen, die den Felsen bedecken, denn sie ist umgeben von alten Bäumen wie Olive, Eiche und Johannisbrotbaum, die ihr heute in ihrer täglichen Einsamkeit Schatten spenden.

Grotte di Fradduca

Nach Jahren der Suche ist nun aus der dichten Vegetation des Campana genannten Hügels die Grotte Fradduca Alta zum Vorschein gekommen, exakt zu Füßen einer steilen und unzugänglichen Felswand. Vor Jahren hat ein Hobby-Höhlenforscher aus Cirò sich auf die Suche nach den Spuren der Grotte gemacht, nachdem einige Hirten 30 Jahre zuvor ihm von ihrer zufälligen Entdeckung der Höhle erzählt hatten an einem Ort, wohin sie sich bei Gewittern oft mit ihren Herden geflüchtet hatten. Von den Menschen vergessen, wegen der üppigen Vegetation von der Straße aus nicht sichtbar, auch weil der Eingang sehr versteckt liegt, im Lauf der Zeit fast zugeschüttet von Geröll, ist sie mit ihrer ganzen Schönheit und auch mit ihren Geheimnissen zurückgekehrt. Tatsächlich erzählten die Alten, dass in dieser Gegend Briganten gewohnt hätten.
Viele Geschichten und Legenden ranken sich um die Briganten, die in den Grotten ("i Rutti") des Cirotano wohnten, davon können die Alten erzählen - sie sind die Hüter eines großen Schatzes an Kultur und Tradition. Nach ihren Erzählungen scheint es, dass die Grotten nicht von den Briganten, sondern schon früher von Eremiten gegraben worden sind, welche in die Orte kamen und dort um Almosen bettelten, sich dann in die Wälder zurückzogen, auf alten Pfaden, von denen viele natürliche Pfade waren wie beispielsweise Bachläufe. Tatsächlich findet sich der größte Teil der bei Cirò gefundenen Grotten oberhalb eines Wasserlaufes "Le Jumare, o i Carafuni". Nach und nach wurden sie zu Wohnungen der Briganten; es existierten ganze Banden, die sich dem Ausrauben von Feldern und wohlhabenden Familien widmeten. Für gewöhnlich versteckten sie ihre Beute - die meist aus Gold bestand - nicht im Innern der Höhle, sondern in einem nahen Felsenloch oder in einem Baum. Ein Baum war es auch, der in der Zone Brigante in Brand geriet und seinen Schatz freigab, geschmolzenes Metall mit Kohle vermischt. Der "Eigentümer" wollte wohl am Ende seines Lebens das Geheimnis an seine Nachkommen weitergeben, doch das ist ihm nicht mehr gelungen.
Gerade in dieser Gegend gabe es viele Briganten, was mit der dichten Bewachsung und dem Vorhandensein der Grotten zusammenhing, vor allem im Gebiet A Scala di Lombardo.
Nach den Erzählungen eines alten Mannes aus Cirò kamen die Briganten vor allem aus Longobucco und gelangten über Bocchigliero in das Gebiet um Cirò. Viele Legenden handeln von den Schätzen der Briganten. Man erzählte, dass jeder Schatz von einem Toten bewacht würde. Das hätte bedeutet, dass die Briganten von ihren Grotten aus in die Umgegend zogen, um jemand zu suchen, der ihre Schätze für immer bewachen würde, die sie in der Nähe ihrer Grotten versteckt hatten.
War die bewachende Person einmal ausgewählt, wurde sie an den entsprechenden Ort gebracht, wo man ihr den Schatz zeigte und sie fragte, ob sie sich zutrauen würde, den Schatz auf Dauer zu bewachen.

Der arglose Wächter stimmte zu, ohne zu wissen, was ihn erwartete, dann wurde er umgebracht und mit dem Schatz zusammen begraben. Nur so fühlten sich die Briganten sicher, konnten also den Platz verlassen und auf sich die Suche machen nach noch ergiebigeren Plätzen, und sie konnten den Schatz bei der Rückkehr mitnehmen. Sie gaben dem Wächter nur eine einzige Möglichkeit, den Ort zu enthüllen, wo der Schatz begraben lag, er musste jemand im Traum erscheinen, und dieser hatte dann allen Anweisungen des toten Wächters zu folgen, um den Schatz zu finden und in Besitz zu nehmen. Das waren praktisch unerfüllbare Bedingungen, wie z.B. jene, einen Mund voll Wasser über fünf Kilometer zu Fuß zum Berg Castedduzzu zu bringen, wo sich nach den Erzählungen der Alten ein verborgener Brigantenschatz befinden sollte, und auch wenn der Wächter jemals jemand im Traum erschienen wäre, so hätte es doch keiner geschafft, mit dem Mund voll Wasser auf dem Berg anzukommen. Die Alten erzählten, dass von den vielen Brigantenschätzen nur ein einziger gefunden wurde, nämlich derjenige, welcher sich bei der Catena befindet; der größte Schatz allerdings, bestehend aus sechs Zimmern voll Gold, der sich in der Zone D'Itria befinden soll, wurde bisher nicht gefunden, auch wenn der Wächter dieses Schatzes mehreren Personen öfters im Traum erschienen sein soll.

Zu den in Cirò vorhandenen Grotten, von deren Bewohnung seit den Anfängen der Besiedlung durch die Italiker man sichere Nachricht hat, gehören mit Sicherheit die Grotte Serra del Lago und Acqua della Pietra, denn dort gibt es reichlich Wasser und Wild und eine dichte natürliche Bewachsung.

Bekannter sind dagegen die zwei Grotten Fradduca, die sich weiter unten befinden, in den gegenüberliegenden Felsen gegraben, und vermutlich Wohnplätze alter Völkerschaften waren.
Betrachtet man die Lage der Grotte Alta, scheint es, als ob sie durch ihre hohe Lage als strategischer Kontrollpunkt gedient haben könnte; das bedeutet, möglicherweise ist sie unter strategischen Gesichtspunkten gegraben worden, als Ausblick und Wachstation für die zwei im Tal gelegenen Grotten. Heute ist sie die die einzige von den zugänglichen Grotten, die noch immer von Fledermäusen bewohnt wird, wohl deshalb, weil sie unbehelligt ist von Menschen und Haustieren.
Der Haupteingang weist eine Breite von 2,5 Metern auf und eine Höhe von 1,5 Metern; es hätten eigentlich mindestens zwei Meter sein müssen, aber die Menge des Abraums verschließt zunehmend den Eingang. Im Inneren finden sich drei Räume. Die zwei seitlichen Räume und der Eingang sind 1,5 Meter hoch, die Länge der seitlichen Zimmer beträgt einmal drei Meter und einmal 2,5 Meter. Der zentrale Raum, drei Meter tief und zwei Meter hoch, hat eine Breite von 3,5 Meter und ist wohl die Hauptgrotte. Bis vor kurzem dachte man, es gäbe nur zwei Höhlen Fradduca; von nun an weiß man, dass es drei sind.

 

Grotten "Acqua della Pietra"

Die letzten Höhlen, die noch zu beschreiben sind, sind die alten Höhlen "L'acqua della Pietra" in der Gegend Rinacchiello. Es handelt sich um zwei Höhlen, die voneinander ein paar hundert Meter entfernt, aber beide nach Richtung Süden liegen. Die größere von beiden ist in den sogannten Puddinga-Felsen gegraben, so genannt wegen der hier zahlreichen abgerundeten und in Sand eingebetteten Kieselsteine. Die zweite, die kleinere von beiden, wurde in einen Sandsteinfelsen gegraben. In beiden Grotten gibt es leider keine Hinweise auf Fledermäuse - ein schlechtes Zeichen für den Zustand der Umwelt, denn die Fledermäuse bevorzugen intakte Lebenswelten, frei von Giften. Vielleicht haben sie die Insektizide der Landwirtschaft vertrieben, die ihnen ihre Nahrung wegnehmen?

Die größere Grotte ist acht Meter tief, zwei Meter hoch und vier Meter breit. Sie liegt gut versteckt am Fuß eines Hügels, nahe einem Bach; und ihr Eingang scheint von orientalischer Hand geschaffen. Der Bogen erscheint geschwärzt, was auf Bewohnung hindeuten könnte. Das Vorhandensein von Feuer war von vitaler Bedeutung für die frühen Bewohner des Landes, die das Feuer zum Kochen nutzten, aber auch, um wilde Tiere von ihrem Wohnplatz fernzuhalten.Die These, dass die Höhle von einer Familiensippe bewohnt war, wird erhärtet durch einen Keramikfund am Eingang der Grotte, der wohl Teil einer Getreidemühle ist. Außerdem wurden Krugscherben gefunden sowie ein von menschlicher Hand bearbeiteter Stein, der wohl zum Tränken der Tiere benutzt wurde. Die noch immer vorhandene reiche Vegetation ringsum dürfte die zum Überleben nötigen Speisen geliefert haben wie z.B. Eicheln, Oliven sowie Mastixbäume, aus deren Beeren man Öl und Färbemittel gewann.

Im Innern der Grotte erinnert ein Stein, etwa 50 cm hoch, an einen Tisch, weitere niedrigere Steine an Stühle. Der einzige Gast in der Höhle war ein Nachtfalter, wahrscheinlich der Gattung "Catacola", dessen hintere Flügel rot leuchten.

Die zweite Grotte ist kleiner, nur fünf Meter tief und auch niedriger, etwa ein Meter oder anderthalb Meter, und etwa 3 Meter breit. Es gibt keine Zeichen dafür, dass die Grotte bewohnt war; wahrscheinlich wurde sie als Wachstation für die andere Höhle benutzt. Eine Besonderheit ist eine Doppelwand im Innern: Eine aus Sand und eine aus Fels, und dazwischen ein Spalt von etwa 10 cm, der als Isolierungsschicht dient, deshalb ist es im Innern auch ziemlich kühl.

In beiden Grotten gibt es keine Fledermäuse mehr; heute dienen sie als Unterschlupf für Ziegen, Kühe und Füchse - und Nachtfalter.
Die beiden Grotten sind schwierig zu erreichen und deshalb auch den Cirotani kaum bekannt.

Die unterirdischen Gänge unter der Piazzetta Cannone

Mehr als in den natürlichen Grotten finden sich unterirdische Gänge unter der Piazzetta "Cannone". Sie wurden absichtlich gegraben: Als strategischer Wachpunkt. Die Außenmauern sind mit Steinen gemauert, die Gewölbe mit verschiedenen Steinen, vermutlich umsichtig gezeichnet, geplant und ausgeführt. Wahrscheinlich standen die Gänge in Verbindung mit dem nahen Castello, mit dem Ziel der Verteidigung gegen die Feinde vom Meer her. Mit der Zeit wurden die seitlichen Ausgucke geschlossen und es blieben nur die zwei seitlichen Eingänge. Es handelt sich um einen quadratischen Raum von 8x8 Metern. Jede Seite hat zwei große Bögen. In der Mitte steht eine Säule. Die Architektur macht auch hier einen orientalisch angehauchten Eindruck. Es wäre interessant, das Gewölbe herzurichten und eine mögliche Verbindung zum Schloss zu erforschen.
(Übersetzung aus dem Italienischen: Thomas Raiser)

Näheres zum Thema Briganten findet sich im Lese- und Reisebuch Sila Greca - Sila Ionica